Das Frühlings-Teleskoptreffen 2016 - der Rückblick

Planetenschmaus und Hickson 79 auf der Ahornalp

Blick ins Mittelland

Am Auffahrts-Wochenende traf sich die Schweizer Astrobeobachter-Szene auf Einladung von Beat Kohler beim Bergrestaurant auf der Ahornalp zum traditionellen Frühlings-Teleskoptreffen. An diesem gut erschlossenen, ganzjährig geöffneten Ausflugsziel im Napfgebiet auf 1136 Meter über Meer geniesst man einen nahezu 360 Grad flachen Horizont. Zwar stört die Lichtverschmutzung Richtung Norden etwas bei der DeepSky Beobachtung, aber erfahrungsgemäss gibt es dafür laminare Luftströmungen und somit hervorragende „seeing“ Bedingungen, so dass z.B. die Beobachtung von Planetendetails ein wahrer Genuss ist.

Gesprächsstoff

Auch dieses Jahr hatten wir wiederum Wetterglück: die früher angereisten genossen bereits am Donnerstag eine wolkenfreie Nacht bei tiefer Luftfeuchtigkeit und sehr guter Transparenz. Das Sky Quality Meter (2) zeigte im Zenit eine Luminanz bis hinunter zu 21.52 mag/arcsec2. Am Freitagnacht zogen dann hohe Cirren vorbei (SQM 21.38) und am Samstag war ein Teil der Nacht bewölkt und schon deutlich mehr Dunst in der Atmosphäre vorhanden (SQM 21.40). Alle drei Nächte boten hervorragende Luftruhe, wobei Freitagnacht wohl die feinsten Details sichtbar wurden. Zeitraffer Videos dieser drei Nächte sind online auf VIMEO verfügbar (3, 4, 5).

Der Aufbau beginnt

Naturgemäss wurde viel Beobachtungzeit für die sichtbaren Planetendetails verwendet: Jupiter stand einen Monat nach seiner Opposition die ganze Nacht am Südhimmel im Sternbild Löwe. Der Grosse Rote Fleck hatte in allen drei Nächten einen beobachtbaren Auftritt. Er hat zwar gegenüber früheren Jahren deutlich an Grösse verloren (er ist jetzt mehr rund als oval), seine Farbe ist aber neuerdings wieder intensiver „rötlich-ocker“. Nebst kleinen Knoten und Verwirbelungen in Jupiters Wolkenbändern und Zonen vermochten auch die Transits des Mondes Europa mit seinem Schatten vor der hellen nördlichen Zone sowie der Transit des dunklen Kallisto zu begeistern.

Ein weiteres Edelteil
Es hat doch alles Platz

Mars erschien zwei Wochen vor seiner erdnahen Opposition mit 17 Bogensekunden so gross wie schon lange nicht mehr, allerdings war er nur tief im Skorpion zu beobachten. Trotzdem konnten nach 2 Uhr morgens jeweils zahlreiche Oberflächen-Strukturen identifiziert werden wie Hellas Chaos, Arabia Terra, Syrtis Major, Elysium Planitia oder die Eiskappe am Nordpol – die aktiven Marsrover haben wir aber leider knapp nicht erkennen können. Schliesslich war als dritter Planet 10 Grad östlich von Mars auch noch Saturn mit seinem Schattenwurf auf die maximal geöffneten A, B und C Ringe zu sehen und es konnten bei fast 300 facher Vergrösserung im Binokular auch über ein halbes Dutzend seiner inneren Monde gezählt werden.

Diverse Deep-Sky Juwelen wurden bei optimaler Schärfe auf feinste Details abgeklopft. Der Kugelsternhaufen M13 stand plastisch und „dreidimensional“ im Binokular, beim Eskimonebel NGC 2392 war in der späten Dämmerung deutlich der „fasrige Pelz“ zu sehen, bei der Galaxie M101 nahe dem Zenit die delikate Spiralstruktur und auch die hellen Doppelsterne Castor, Algieba und Epsilon Lyrae boten einen perfekten Anblick.

„Hickson 79“ oder „Seyfert’s Sextett“ oder NGC 6027: eine sehr kompakte Galaxiengruppe in 190 Millionen Lichtjahren Entfernung. Die Galaxien sind visuell zwischen 14.7 und 16.5 mag „hell“. (Foto: Hubble Space Telescope)
Stolz trägt man sein Baby

Schliesslich zeigte uns Stefan Meister in seinem 45 cm Obsession ein „mystery“-Objekt zum raten, was wir da wohl sehen würden? Wir meinten zwei längliche Galaxien zu erkennen, welche einander mit ca. 70 Grad Winkel berührten. Dann des Rätsels Lösung: es war Hickson 79 – eine sehr kompakte Galaxiengruppe in 190 Millionen Lichtjahren Distanz (siehe das „unfaire“ Hubble-Bild anbei), bestehend aus vier sich langsam vermischenden Galaxien, einem hellen Galaxienschweif sowie einer entfernten Spiralgalaxie im Hintergrund.

Details machen den Unterschied

Die aufgebauten Instrumente waren wie üblich vielfältig und hochwertig. Die Technik vor Ort ist ja jeweils bei Teleskoptreffen (wie der Name schon suggeriert...) auch ein interessanter Aspekt und nicht zuletzt auch für Anfänger ideal um im praktischen Einsatz unterschiedliches miteinander zu vergleichen. Die eine oder andere technische Neuheit wie die Leichtbau Montierung VAMOtraveler von AOK oder ein digitaler Neigungsmesser von ELV am Leichtbau-Dobson konnten auch bestaunt werden. Traditionell sind jeweils etliche grosse Spiegelteleskope mit bis zu über 500 mm Öffnung vor Ort – sowohl Eigenbauten als auch kommerzielle Instrumente, aber auch eine Auswahl von grossen Edel-Refraktoren (z.B. Takahashi TSA 120, TEC 140 oder der alte Lichtenknecker HA 150) war zum durchgucken bereit – teilweise bereits am Tageshimmel mit Herschelprisma oder H-Alpha Filter für die Sonnenbeobachtung.

Schau schau
Grosse Tüte

Fast alle Teleskope waren diesmal übrigens zum durchgucken – da, die Astrofotos werden wohl ein anderes mal wieder Priorität haben. Beim Abendessen während der langen Dämmerung war für ausreichend Gesprächstoff und Heiterheit gesorgt – am Freitag zählte ich über 20 Astronomen am Tisch, die meisten davon alte Bekannte. Gleichzeitig waren auch noch Hobbyfunker vor Ort, welche einen 24 Stunden Wettbewerb durchführten und daher ebenfalls die ganze Nacht hindurch „arbeiteten“. Einige von weiter her Angereiste buchten zudem Übernachtungen direkt vor Ort. So hatte natürlich auch der Wirt seine Freude am „Sterngucker“ Anlass und löschte für uns während der Nacht die störenden Beleuchtungen ab. Auf der Heimreise am Muttertag freuten wir uns dann auf den unmittelbar bevorstehenden Merkurtransit vom 9. Mai und auf das nächste Teleskoptreffen in der Schweiz im August. So macht gemeinsames beobachten als Hobby viel Freude

Blick über den "Ahornsee" Richtung Südhimmel mit aufziehenden dunklen Wolken

Zeitraffer der ersten Nacht: 5. – 6. Mai 2016.

Zeitraffer der zweiten Nacht: 6. – 7. Mai 2016.

Zeitraffer der dritten Nacht: 7. – 8. Mai 2016.

Weblinks:

Text und Fotos: Roland Stalder

Weitere Bilder von Josef Bucher auf seiner Homepage