Das Frühlingsteleskoptreffen 2002 - ein Rückblick
Freitag, 10. Mai 2002
Früher Abend auf der Ahornalp ob Eriswil. Heute - am 10. Mai 2002 -
und morgen soll das schon fast ein bisschen traditionelle
Frühlingsteleskoptreffen (FTT) stattfinden. Mein Kollege und ich sind
recht früh angereist, weil wir so auf die Gelegenheit hoffen, mit
einigen sonst selten zu treffenden Leuten ungestört zu plaudern,
Neuigkeiten und Meinungen auszutauschen und uns auf die bevorstehende
Beobachtungsnacht einzustimmen.
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Erstes Gesprächsthema ist aus naturgegebener Tradition das Wetter. Eine Fönlage hat uns trotz flacher
Druckverteilung einen strahlend sonnigen Tag mit angenehmen Temperaturen beschert. Leider scheint sich die Prognose,
welche für den Abend Wolkenbildung mit örtlichen Regenschauern vorhersagt zu bewahrheiten, und von Westen her
schiebt sich eine tiefschwarze Wand über den blauen Himmel. Von der bereits in Schatten getauchten Ahornalp bietet
sich uns ein eindrücklicher Blick ins noch sonnenverwöhnte Umland. Langsam treffen weitere astronomisch
Interessierte aus der Innerschweiz, aus Bern, Zürich und später sogar Graubünden ein. |
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Eifrig werden die üblichen Scherzereien und "Höflichkeiten" ausgetauscht, wie dies auf solchen Veranstaltungen
mittlerweile üblich ist. Auch die Möglichkeit der Wetterbesserung für die bevorstehende Nacht wird
diskutiert und mit der Beobachtung erster Blitze erwacht die Hoffnung auf eine Besserung, da das sich über unserem
Beobachtungsplatz auftürmende Wolkengebilde eine lokale Gewitterzelle zu sein scheint. Das Team des Restaurants
Ahornalp hat für uns den gesamten Saal reserviert und gerne wechselt die immer grösser werdende
Astronomenschar für das anstehende Abendessen aus der allmählich überquellenden Gaststube hinüber. |
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Ein paar Unverdrossene lassen sich derweil auf dem Parkplatz einen
grossen Ninja-Dobsonian bei Tageslicht vorführen und staunen über
die leichte und modulare Bauweise des 40cm grossen Spiegelteleskops. Im Saal
wird die Wartezeit auf die Menüs mit Fachsimpeleien
überbrückt. Auf einem Notebook-Computer schauen sich Interessierte
die mit einer WebCam aufgenommenen Mond- und Planetenbilder an und da diese
Aufnahmetechnik mit den erzielbaren Resultaten fasziniert, tauscht man rasch
Internetadressen und Bezugsquellen aus.
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Die bevorstehende Beobachtungszeit könnte man heutzutage gut mit den elektronischen Agenden (Palm) einiger
Teilnehmer planen. So werden mehrere durchweg interessante Programme mit erstaunlichen Möglichkeiten herumgezeigt
und miteinander verglichen. Die gute Küche und der freundliche Service der Familie Lustenberger locken aber
letztlich alle Anwesenden zu einer Mahlzeit. Während es draussen dämmert, lösen sich die Wolken langsam
auf und Vorfreude über eine möglicherweise doch noch gute Beobachtungsnacht macht sich bereit. Ein ohne sein
Teleskop angereister Sternfreund begibt sich flugs auf den glücklicherweise nur kurzen Heimweg um seine zuhause
gelassene Ausrüstung zu holen. |
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Beim Schritt ins Freie bestätigt ein Blick in den Himmel die Wettertendenz und auf dem unmittelbar vor der
Wirtschaft liegenden Beobachtungsgelände scheinen Teleskope wie Pilze aus dem Boden zu schiessen. Heuer sind sehr
erlesene Geräte mit von der Partie: Ein Takahashi 4" Refraktor, ein 10 cm Fluorit von Vixen, ein ED 5"er von Borg,
ein 150mm Apochromat von Starfire, aber auch handoptimierte Dobsonians und Schiefspiegler lassen sich bewundern.
Erste Sterne werden sichtbar - aber leider treibt das Wetter die schon zur Genüge bekannten Spielchen mit uns. Die
Wolken verdichten sich zusehends wieder, am Horizont sind vermehrt Blitze zu sehen und erste Planetenbeobachtungen
müssen abgebrochen werden. Murrend verstauen wir die empfindlichsten Teile unserer Ausrüstungen und begeben
uns zurück in die Bergwirtschaft, wo man uns mit verständnisvoller Freundlichkeit mit Getränken bewirtet.
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Froh über den uns ja nie ausgehenden Gesprächsstoff warten wir ab und hoffen, dass sich die wie (fast) alle
Jahre wieder in unerschütterlichem Optimismus eines Anwesenden ausgesprochene Behauptung, es werde in der zweiten
Nachthälfte besser, bewahrheiten wird. Gegen Mitternacht sind tatsächlich erneut Sterne am Firmament sichtbar
und wir können eine Handvoll Objekte wie M57, M13, M65 und M66 beobachten, bevor uns das nächste heranrollende
Gewitter erreicht. |
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Die kurzerhand über Mobiltelefon bei der SMA in Kloten eingeholte Wetterauskunft lässt keine Zweifel mehr
übrig und zwingt uns zum endgültigen Aufgeben. Die Wirtsleute geniessen mittlerweile die wohlverdiente Nachtruhe
und so bleibt uns gegen 01:30h nur die Heimkehr ins Unterland. Einige
nächtigen im nahe gelegenen Gasthof Kloster in Eriswil, die Anderen
haben einen nicht allzu weiten Heimweg und verbringen die Nacht im eigenen
Bett. Nur einige wenige Nachtschwärmer nehmen später noch wahr,
dass es in den letzten Nachtstunden doch noch zu grossen Aufhellungen
kommt.
Samstag, 11. Mai 2002
Wie am Vortag reise ich mit einem Kollegen rechtzeitig an. Das Wetter ist
endgültig wenig versprechend und die Prognosen eindeutig. Dies wird
kein Beobachtungsabend werden und so habe ich meine Ausrüstung zuhause
gelassen; schön - einmal keine Schlepperei.
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Den Erfolg der Veranstaltung - an der Anzahl Teilnehmenden gemessen - kann die miese Witterung indes nicht schmälern,
denn um die Zeit des Abendessens haben sich bereits wieder über zwanzig Astronomiebegeisterte eingefunden. Wie immer
wird diskutiert und Meinungsaustausch betrieben. Hie und da kann man draussen auch unerschüterliche "Outdoor Fanatiker"
beobachten; einige sind des langen Sitzens überdrüssig geworden und vertreten sich - Regenguss hin oder her -
auf dem Parkplatz und den Spazierwegen die Füsse. Dabei werden die Schuhe einem eingehenden Dichtigkeitstest
unterzogen - mitunter mit spürbar unbefriedigendem Ergebnis, wie die anderen Besucher mitfühlend nachvollziehen
konnten. |
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Zum Vortrag über Astronomie in der Antike
finden sich dann alle wieder im Saal ein. Glücklicherweise ist der Zeitpunkt etwas in den Abend hinein verlegt
worden und so kommen auch die später Angereisten in den Genuss des mit grossem Sachverstand und einer guten Portion
Humor dargebotenen Stoffes. Herr Manfred Pütz - eigens für diesen Anlass aus Überlingen am Bodensee angereist -
berichtet über die Astronomie der Babylonier, Assyrer und Ägypter. Er führt uns mit seinem
Einfühlungsvermögen für die Verhältnisse der damaligen Zeit die Unterschiede der heutigen,
hauptsächlich mathematisch-/logisch fundierten Astronomie zur beobachtenden, mythologisch verbrämten
Himmelskunde der Antike vor Augen. |
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Für viele Zuhörer ist sicher alleine schon die lediglich als
Anschauungsmodell dargelegte Theorie der Mond- und
Sonnenfinsternisberechnung mit den zugrunde liegenden Bahnknotenmodellen
neu. Aus dem vorgetragenen lassen sich tief greifende Unterschiede zwischen
den Weltanschauungen der Antike und der Neuzeit ableiten. Persönlich
bezweifle ich nach all dem Gehörten, dass wir uns das Weltbild eines
zum Ersatzkönig gewählten Babyloniers auch nur annähernd
ausmalen können. Also beschliessen wir den Abend doch lieber bei Kaffee
und Desserts mit einer letzten Fachsimpelrunde und dem geäusserten
Wunsch auf eine Wiederholung bei besserer Witterung.
Alle scheinen trotz misslichem Wetter das Treffen genossen zu haben. Ich
schliesse mich für die Heimfahrt einem Berner Astrokollegen an, dem ich
an dieser Stelle wieder einmal für die schon öfter genutzte,
unkompliziert offerierte Mitfahrgelegenheit danken möchte.