Chlausguck am 11./12. Dezember 2004 - ein Rückblick

Sonne, Palmen und angenehme minus 12 Grad

Nachdem im nördlichen Mittelland seit bald zwei Wochen ein hartnäckiger Hochnebel lag, war die Fahrt in den Süden für einmal doppelt verlockend, denn die Wetterprognose für das Chlausguck Wochenende im Tessin war absolut unzweideutig: Sonne, Sonne und nochmals Sonne. Die Anfahrt war also schon voller (Vor-)freude und kurz vor dem Gotthardtunnel konnte man ihn zum ersten mal sehen - diesen komischen gelben Fleck vor blauem Grund - unser gleissend heller Stern!

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Grandioses Wetter versprechen eine gute Beobachtungsnacht.

Einige hatten sich bereits Samstag Nachmittag im Tessin getroffen und ab etwa 17 Uhr war dann der allgemeine Treffpunkt im Ristorante Rubino in Aquarossa. Auch wenn dies ein klitzekleines Dorf ist, muss man doch zweimal schauen dass man die Einfahrt zum Rubino direkt neben der Brücke nicht verpasst - das erste mal bin ich prompt vorbeigefahren.

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Die hungrige Schar Sternengucker wartet auf das feine Nachtessen.

Es fand sich also ein erwartungsfrohes Dutzend Sterngucker/innen ein und nach einem ausgiebigen Nachtessen inklusive Espresso und Magnitutenbooster - Bananen-Glace Dessert waren wir dann so um 20:30 Uhr bereit Richtung Lukmanier Passhöhe wegzufahren. Eine kleine Vorhut hatte bereits Freitag Nacht dort oben beobachtet, so dass wir in etwa wussten was uns erwarten würde: schneebedeckte Strasse auf den letzten 10 Kilometern und daher praktisch die ganze Nacht überhaupt kein Durchgangsverkehr (etwa 3 Autos in 7 Stunden!).

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Diskutieren hilft leider nur bedingt gegen den Hunger.

Ganz zuoberst auf der Passhöhe hat uns der leichte Wind nicht gefallen so dass wir unsere Teleskope etwa einen Kilometer unterhalb der Passhöhe neben und auf der Passtrasse aufstellten. Zu Beginn und am Ende der Wagenkolonne jeweils ein Pannendreieck am Strassenrand, so dass allfällige Autofahrer sehen konnten dass diese "komischen Dinger" neben den Autos irgend eine Art Wagenheber sein mussten und wir uns also durchaus selber zu helfen wussten. Die Geschichte mit der kollektiven Autopanne war also nur ein Gerücht.

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Was ist das wohl für ein Sternbild?

Der gewählte Beobachtungsort auf knapp 1900 Meter Hoehe war ziemlich fein: gute Rundsicht, kein Wind, dunkel (je nach Schätzung bis etwa 6.7m), wolkenlos und kalt (irgendwo zwischen -10 und -14 Grad Celsius wurden spät nach Mitternacht gemessen).

Durch mein 6 Zoll Newton war morgens um 3 Uhr ein wunderbar definierter Saturn mit "360 Grad" Cassinitrennung zu sehen - also auch das Seeing war zumindest zeitweise recht ansprechend.

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Jon aus den Niederlanden.

Tja und nachdem bereits auf der Passfahrt plötzlich Rudolf, das Rentier vor uns über die Strasse in den Tiefschnee stapfte (oder war es doch nur ein Hirsch?) waren wir nun voll damit beschäftigt, die zahlreichen "Chlausiden" aus dem Sternbild "Samichlaus" und die DeepSky Juwelen aus dem winterlichen Chlaussack mit Auge, Feldstecher und einer ganzen Schar von Fernrohren zu bewundern

Reto's Dobs wartet auf den ersten Einsatz.

Als Teleskoptreffen-Fast-Novize (nach dem Falera-Weekend war ich erst zum 2. mal dabei) habe ich mir leider nicht ganz alle Namen der Anwesenden merken können aber da waren: Zu aller erst Jon von Holland - was für eine Anfahrt!! mit seinem 30cm GSO-Dobs, dann die "lokaleren" DeepSky'ler Beat und Stefan mit jeweils einem 40er Ninja und Bernd Nies mit seinem Selbstbau 30er Dobson. Weiter war nochmals ein 32cm Ninja von Reto Wiedmer und Edi war zur Abwechslung mal mit einem 20cm Hofheim Reisedobson da. Marlis' schmucker Takahashi Refraktor und Martin's langbrennweitiger 25cm Newton auf einer parallaktischen Montierung, sowie ein Doppelgerät, bestehend aus einem Celestron 9¼" und Borg 76ED auf einer Ayo von Paolo waren zu bewundern. Ich selber war mit meinem alten 15cm Selbstbau Newton und mit dem bildstabilisierten Feldstecher Canon 15x50 IS angereist.

Der Schnee muss weg...
...sonst kommt man nicht ans Teleskop ran.
Der kleine Reisedobs geniesst viel Aufmerksamkeit.

Einige Anblicke werden mir unvergesslich bleiben: der Panoramablick der Andromedagalaxie durch den Canon 15x50 (Edi, auch Dich hat's gepackt, oder?), die Augen des Eulennebels und die zahlreichen Knotenstrukturen in der Spirale der Whirlpoolgalaxie (M51), als sie sich langasam immer höher über die Baumkronen in den Himmel schob.

Dann der Pferdekopfnebel mit einem H-beta Filter (eine Premiere für mich!) und schliesslich der schon von blossem Auge sichtbare Komet Machholz der neben dem Hasen tief im Süden seine Bahn zog - allerdings war der Schweif dieses Wochenende auch in den grösten Teleskopen kaum auszumachen.

Auch den Saturn habe ich durch meinen 15cm Newton noch kaum je so klar gesehen! In den frühen Morgenstunden hat mir Beat dann auch noch sein Sternbild "Spitzmaus" gezeigt (merci!) und ich Ihm den Wagenlenker von Karl Oechslin.

Prüft hier Martin den Herzschlag seines 25er Newtons?
Hingegen ist sein Tak' bereits zum leben erweckt worden

Mit dem Samichlaus war abgemacht, dass er uns so um Mitternacht mit seinem Schlitten Nüsse und Mandarinen vorbeibringen würde. Offenbar hatte der Chlaus dies aber weiterdelegiert an unsere Hotelbelegschaft vom Rubino und so fuhr nach Mitternacht plötzlich eine frohe Schar Tessiner mit heisser Bouillon am Lukmanier vor.

Allseitiges freudiges Händereiben und gemütliches Aufwärmen mitten auf der Passtrasse - super - und zu so später Stunde definitiv besser als Nüsse und Mandarinen!

Als kleines Dankschön gab es dann eine spontane DeepSky-und-Saturn Tour für die Gäste mit den imposanten Fernrohren und mit Simultan-Uebersetzung ins Italienische.

Der altbekannte Newton von Bernd.
Die alte Lady aus Holz.
Eine heisse Bouillon gibt warm.

So gegen 4 Uhr morgens haben dann einige doch langsam kalte Füsse bekommen und so fuhr kurze Zeit später wiederum eine Wagenkarawane auf der holprigen Schneestrasse hinunter ins Tal und umgehend hinein ins warme Bett im Rubino.

Die Sonne stand in Aquarossa im Bleniotal schon längere Zeit über dem Horizont als wir uns dann schlussendlich zur Mittagessenszeit zum gemeinsamen Morgenessen trafen. Dabei wurden nochmals die erlebten Highlights der vergangenen Nacht in geselliger Runde besprochen. Wir waren uns einig dass es auch nächstes Jahr wieder ein Treffen mit dem Chlaus im von der Wirtefamilie auf eine sehr nette Art geführten Rubino geben sollte und versuchten an der wärmenden Sonne, die nun anstehende Rückfahrt in den nebligen Norden noch ein wenig hinauszuzögern.

Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle auch die überaus nette und familiäre Bewirtung im Hotel/Restaurant Rubino, das sich übrigens auch sehr gut als Ausgangspunkt für ein privates Astroweekend im Tessin empfiehlt, wenn's bei uns im Norden wieder mal regnen sollte ....

Ein spätes Frühstück tut gut.
Ups, ist denn schon morgen ... ??
Trotz schönstem Wetter muss man doch langsam nach Hause.
Strahlend blauer Himmel am Morgen.

Ich schreibe diesen Bericht eine Woche später in Zürich - unterdessen hat sich der Hochnebel gelichtet, es schneit...

Text und Bilder: Roland Stalder


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Bilder: Bernd Nies